Mit blau-weißem Auge davon gekommen

Mit blau-weißem Auge davon gekommen
Klassenerhalt in Düsseldorf! (c) Dominik Gardzitz

Der VfL Bochum ist in den letzten Jahren nicht unbedingt die erste Anlaufstelle für Herz-Kreislauf-Patienten.
Und diesen Status unterstrich die Truppe in blau-weiß in zwei Relegationsspielen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.

So lag ganz Fußball-Bochum am vergangenen Donnerstag auf dem Boden. Es wurden schon mal die schnellsten Routen nach Elversberg, Braunschweig und Magdeburg rausgesucht.
Nicht nur die Posse um die angebliche nicht-Suspendierung von Torhüter Riemann vor den entscheidenden Relegationsspielen trieb den Bochum Fans den Blutdruck in die Höhe.
Auch das fast chancenlose 0:3 aus Bochumer Sicht im heimischen Ruhrstadion, natürlich vor Traumkulisse, war ein tiefer Schlag in die Magengrube.

Und so fuhren dennoch knapp 5000 Bochumer hoffnungs- und chancenlos nach Düsseldorf und wurden Zeuge eines weiteren, wenn nicht gar „DEM“, Fußballwunders mit Beteiligung des VfL Bochum.

In einem dramatischen Spiel drehte vor allem Kevin Stöger richtig auf und vernichtete die Fortuna – besorgte mit 2 Vorlagen und einem Elfmeter den wichtigen Endstand von 3:0 und damit den notwendigen Ausgleich für die Verlängerung.
Diese brachte dann nichts mehr ein und so musste das Elfmeterschießen herhalten: Die undankbarste Art der Entscheidungsfindung, nach dem Münzwurf.

Und so stand ich selbst nach dem letzten verschossenen Elfmeter der Düsseldorfer zwar voll vor Freude im Gästeblock. Aber irgendwie ist auch 2 Tage später noch nicht ganz angekommen, was der VfL da eigentlich geschafft hat.
Düsseldorf hatte den Matchball ja quasi vor die Haustür gelegt bekommen.
Aber mit Matchbällen kennen wir Bochumer uns diese Saison ja aus.
Und so sollten Keven Schlotterbeck und Kevin Stöger tatsächlich am Ende Recht behalten mit ihren Aussagen nach der 0:3 Heimniederlage im Hinspiel.
„Wenn die bei uns drei Tore schießen können – warum sollten wir das nicht auch bei denen können?“

(c) Dominik Gardzitz


Die Relegation hat uns tatsächlich vor einem tiefen Absturz nächste Saison bewahrt und war am Ende zig Millionen Euro wert. Das vierte Jahr Bundesliga wird sich auch finanziell in den Büchern des VfL gut machen.
Womit man beim Thema Umbruch und Kaderumbau wäre.

Patrick Fabian und der VfL werden die Zusammenarbeit auf der Ebene des Geschäftsführer Sport wohl nicht weiterführen. Auch die VfL Ikone hat viele Körner lassen müssen und nicht immer gut ausgesehen im Verlaufe der Saison.
Hier sei beispielsweise das Thema Trainerentlassung ohne neuen Chefcoach zu nennen.
Aber auch bei Patrick Fabian sollte man im Hinterkopf behalten, dass er VfL´er durch und durch ist.
Nicht wenige Menschen würden ihn gerne in einer anderen Funktion weiter im Verein sehen. Auf einer Position auf der er sich vielleicht wohler fühlt und im Hintergrund arbeiten kann.
Die Entscheidung hierzu wird der VfL Bochum zeitnah verkünden.

Bleibt noch Marc Lettau zu nennen, der höchstwahrscheinlich am Kader der neuen Saison arbeiten dürfte.
Und hier sehen die Karten durch den Klassenerhalt jetzt natürlich deutlich besser aus als im Abstiegsfall.
Zwar wird Kevin Stöger vermutlich einen neuen Verein finden. Hoffentlich ein Regal höher und mit internationalen Ambitionen. Es sei ihm gewünscht. Was dieser Mann an Mentalität und Siegeswillen auf den Platz bringt ist unbeschreiblich. Und gerade für die Herkulesaufgabe am Montag sollte er eine Säule am Ruhrstadion erhalten.

Aber insgesamt bietet der Kader unglaublich viele Baustellen: Mindestens ein neuer Stammtorwart wird kommen müssen. Es ist nicht davon auszugehen, dass Manuel Riemann noch einmal im Trikot des VfL Bochum auflaufen wird.
Die Defensive muss im vierten Jahr Bundesliga endlich stabilisiert werden. Die zweitmeisten Gegentore der Liga hätten uns beinahe wieder das Genick gebrochen.
Im Mittelfeld muss ein Nachfolger für Osterhage und Losilla gefunden werden.
Zwar ist der Capitano weiter mit an Bord. Aber so langsam wird auch er den Platz für einen Nachfolger räumen müssen um den Übergang zu schaffen.
Auf den Außenbahnen besteht ebenso bedarf. Asano dürfte uns sehr wahrscheinlich verlassen – zudem war seine Leistung (ebenso wie die von Antwi-Adjei) diese Saison sehr schwankend. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass wir nur diese zwei Außenbahnspieler hatten.

Und im Sturm muss dringen Effizienz einziehen. Phillip Hofmann hat gerade rechtzeitig im zweiten Relegationsspiel nochmal einen Doppelpack schnüren können, welcher lebenswichtig für den VfL Bochum gewesen ist.
Mit der richtigen Unterstützung seiner Mitspieler wird er auch in der kommenden Saison öfter treffen. Aber auch hier benötigen wir mehr Varianz und Konkurrenzkampf.

Über all den Entscheidungen steht dann aber die sportliche Ausrichtung. Und die gibt ja meistens der Cheftrainer vor. Ein weiteres to-do auf der Liste und vermutlich mit das wichtigste.
Nachdem der Klassenerhalt geklärt ist, sollte die Trainerfrage auch möglichst schnell entschieden sein. Dies ist oft mit ausschlaggebend ob sich ein Spieler für oder gegen einen Wechsel zu unserem Verein entscheidet.

Alles zusammen genommen mutet wie eine Mammutaufgabe an. Sollte der Umbruch gelingen hat der VfL Bochum die Chance, sich dauerhaft im Oberhaus der Bundesliga zu etablieren und finanziell auszubauen.
Gelingt der Kraftakt nicht, sehen wir uns wieder im unteren Drittel der Tabelle.
Es bleibt spannend.

Aber unter dem Strich sind viele Bochum Fans erst einmal froh, dass diese Saison vorbei ist.
Erfreuen wir uns an den Brakedance-Moves von Maxi Wittek und der kommenden Europameisterschaft und vergessen für ein paar Wochen den Abstiegskampf und das ganze Theater.
Die kommende Saison wird schwer genug.