Unnötig

Unnötig
Banner beim Heimspiel gegen Heidenheim (c) photomafia

Wieder einmal hat der VfL Bochum im Abstiegskampf gegen die direkte Konkurrenz gepatzt.
Es deutet sich der wohl unnötigste Abstieg der Vereinsgeschichte an wenn jetzt nicht bald etwas passiert.

Zugegeben es fällt dieser Tage schwer irgendeine Form von Optimismus zu finden.
Nach der 1:0 Niederlage bei absolut schlagbaren Wölfen sowieso. Das war nicht bundesligatauglich.


Zu viele Fehler der Vergangenheit lassen den Verein inzwischen dafür bezahlen.
Die letzten zwei Klassenerhalte werden auch gerne als Wunder bezeichnet. Das sagt im Prinzip schon beinahe alles aus was man wissen muss.
Der VfL Bochum hat es mit geringsten Mitteln geschafft aufzusteigen und sich zwei mal gegen finanziell und strukturell deutlich stärkere Konkurrenz durchzusetzen.
Dieses mal scheint es nicht zu gelingen. Man ist geneigt, fehlendes Glück voran zu schieben. Zu oft hat man mit dem Schiedsrichter gehadert, zu oft einfach nur Pech vor dem Tor gehabt.
Doch ist das wirklich so?
Teils teils.

Auf der Suche nach Fehlern muss zuerst die Kaderplanung benannt werden.
Die Verantwortlichen aus Funktionären und Trainern haben das Kunststück vollbracht einen Kader zu bauen, der gar nichts richtig kann.
So musste Thomas Letsch nach 7 Spieltagen feststellen, dass trotz einer ganzen Vorbereitung der Kader nicht in der Lage war ein Spielsystem mit 3er/5er Kette zu adaptieren.
Und so musste man zu dem zurück was die „Fußballer“ des VfL offenbar am besten beherrschen: Hoch und weit nach vorne und danach hilft dann der liebe Gott, ein bisschen Zufall und die nötige Prise Spielglück.
Schon hier wollte man Anfang der Saison mahnen, wurde aber von zahlreichen Daueroptimisten in die Schranken verwiesen. Die Ergebnisse gaben ihnen kurzzeitig sogar Recht.

Dennoch konnte all das nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Spieler geholt wurden, für die im alten System eigentlich gar keine Verwendung war. Genauso wie viel zu wenig Alternativspieler für das alte System zur Verfügung standen, namentlich für die schnellen Flügelspieler, derer wir nur plötzlich noch zwei hatten und von denen einer noch zum Asien Cup Anfang des Jahres fahren musste.
Korrektur auf dem Transfermarkt? Fehlanzeige. Man vertraute dem vorhandenen Personal und konnte mangels finanzieller Mittel auch kurzfristig niemanden verpflichten.
Das wäre auch auf der Sturmposition dringend notwendig gewesen. Denn nicht nur Antwi-Adjei und Asano zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie unglaublich viele Abschlüsse benötigen bis sie mal ein Tor erzielen.
Auch unsere Mittelstürmer Broschinski und Hofmann trafen einfach nie bzw zu selten. Von Goncalo Paciencia mag man da gar nicht reden. Der schaffte es immerhin zu einer Hand voll ansehnlicher Tore, blieb aber ansonsten genauso farblos wie die anderen.

Thomas Letsch verlor nach und nach die Kontrolle über diese Mannschaft.
Glückliche Siege nach Unterbrechungen durch Fanproteste in der Rückrunde wie gegen Stuttgart oder den Rekordmeister aus München konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Mannschaft eigentlich tabellarisch nach ganz unten gehörte.
Zumindest in den Leistungen passte sie sich in der Folge an.
Grausame Spiele in Gladbach oder in Mainz waren beinahe schon der Gipfel des Zumutbaren.
Die Konkurrenz dagegen kam immer weiter ran.
Sowohl Mainz, die auch aktuell einen Lauf zu haben scheinen nach ihrem Trainerwechsel, als auch die abgeschlagenen Kölner wurden dankenswerterweise wieder vom VfL aufgebaut.

Und nach dem Köln Spiel folgte dann die Entlassung von Thomas Letsch – richtigerweise, wie viele Fans zu dem Zeitpunkt meinten. Letsch stellte konfus auf, leitete häufig die Niederlagen durch seine Wechsel ein und konnte dem Vorstand auf Nachfrage nicht erklären, wie er denn das Ruder rumzureißen gedenke. Die Trennung war nur folgerichtig.
Wer nun dachte, der VfL würde wie die Konkurrenz die Chance ergreifen noch um den Klassenerhalt zu spielen, der irrt.
Nach gefühlt dutzenden Absagen, dem Theater um Peter Stöger(alles immer hautnah begleitet von den Medien) gaben sich Villis, Fabian und Lettau nicht die Blöße anschließend Heiko Butscher als gewollte Wunschlösung zu präsentieren.
Selbst hier hätte man sich eine Hintertür offen lassen können wenn man von einer Interimslösung bis auf weiteres gesprochen hätte.
Aber nicht beim VfL! Offenbar war man sich der eigenen Strahlkraft bewusst oder ist finanziell in dem Bereich doch nicht so solide aufgestellt. Also wurde Heiko Butscher als Cheftrainer bis zum Unterga…bis zum Ende der Saison verpflichtet.

Natürlich war das nicht ganz unkompliziert: Man beraubte sich damit der Chance, eventuell doch noch einen Feuerwehrmann für die letzten Spiele zu verpflichten. Auch Butscher kann aus der katastrophal zusammengestellten Truppe kein blau-weißes Ballett mehr machen.
Dass die Spieler laut seiner Aussage auch im Prozeß von Aufstellung und Spielsystem Mitspracherecht hatten, hörte sich zwar erst einmal sinnvoll an.
Warum dann aber exakt der gleiche Mist gespielt wurde wie unter Thomas Letsch (gegen den sich die Mannschaft angeblich in weiten Teilen ausgesprochen hatte) ist dann nicht nachvollziehbar.
Genauso wenig, wie der großzügig verspielte Vorsprung auf die Konkurrenz, als diese quasi tot am Boden lag und vom VfL Bochum liebenswürdigerweise wieder aufgebaut wurde.

Und damit wären wir bei einem weiteren entscheidenden Punkt, dem Mannschaftsgefüge.
Man hört vermehrt in letzter Zeit, dass es innerhalb der Mannschaft knallen würde. Das so genannte Team scheint keins zu sein.
Grüppchenbildung verhindert, dass an einem Strang gezogen wird. Ob das den Spielern mit neuem Verein in der kommenden Saison den notwendigen Antrieb gibt, sich 110% für den Klassenerhalt zu zerreißen, kann sich jeder selber überlegen.

Die allerletzte Chance denn Bock umzustoßen hat diese „Mannschaft“ am Freitag Abend zu Hause gegen Hoffenheim. Am Maiabendfest.
Da kann sie noch einmal zeigen ob sie Charakter hat. Inzwischen habe ich persönlich Zweifel daran, dass alle wirklich für das Ziel brennen.
Der Support muss noch einmal da sein. Vielleicht vielleicht kommt dann auch endlich mal wieder etwas zurück.
Denn eine Relegation will wohl niemand. Eine Relegation gegen Düsseldorf schon gar nicht. Denn in der jetzigen Verfassung blamiert man sich nur bundesweit im TV.

Stellt sich die Frage nach den Konsequenzen. Ist es zu früh? Nein. Immerhin muss jetzt schon der Kader für die kommende Saison gebaut werden.
Ob die Verantwortlichen dazu in der Lage sind, kann man aktuell anzweifeln.
Es wird einen riesigen Umbruch geben müssen. Den hätte es schon zu Beginn dieser Saison gebraucht. Unter Umständen auch mit finanziellem Risiko mit Augenmaß. Ansonsten droht das gleiche Schicksal wie Bielefeld.
Aber so wenig wie möglich investieren und hoffen dass das gut gehen würde – nein, dass funktioniert nicht drei mal hintereinander.

Man hat es geschafft innerhalb weniger Monate fast alles einzureißen, was man sich in den letzten Jahren erarbeitet hat.
Jetzt bleibt nur die Hoffnung. Aber das Spiel in Wolfsburg hat nichts dazu beigetragen, auch nur irgendwas positiv zu finden.

Hoffen wir auf ein Wunder am Maiabendfest.