Umzug eines Fußballclubs: Eine Heimat zwischen Identität und Verrat

Umzug eines Fußballclubs: Eine Heimat zwischen Identität und Verrat
Underhill Stadium (c) Daniel Stahlke 2011


Umzüge im Profisport. Wir kennen sie aus den bekanntesten Ligen wie der NFL, NBA und
NHL. In der Geschichte dieser Ligen haben Teams eine Vielzahl von Umzügen durchgeführt,
beeinflusst von wirtschaftlichen, infrastrukturellen und sportlichen Faktoren. Die
Umzugsmöglichkeiten für diese Franchises variieren je nach Standortattraktivität,
Marktgröße, Stadion- und Hallenneubauten sowie finanziellen Anreizen von Städten und
Staaten.
Einige der auffälligsten Beispiele für Umzüge sind die Oakland Raiders, die zweimal ihren
Standort wechselten: zunächst nach Los Angeles im Jahr 1982 und dann zurück nach
Oakland im Jahr 1995, bevor sie schließlich im Jahre 2020 nach Las Vegas umzogen.
Ein ähnliches Szenario spielte sich bei den Los Angeles Rams ab, die ihren Ursprungsort
verließen, in St. Louis ansässig wurden und schließlich 2016 nach Los Angeles
zurückkehrten. In der NBA gab es ebenfalls einige markante Umzüge. Die Seattle
SuperSonics zogen 2008 nach Oklahoma City und wurden zu den Thunder, die Charlotte
Hornets sind ebenfalls umgezogen, wobei in Charlotte daraufhin eine Neugründung
stattfand, während das ursprüngliche Team nach New Orleans ging. Insgesamt sind
Umzüge für professionelle Sportteams eine komplexe Angelegenheit, die Auswirkungen auf
Fans, Städte und die Liga selbst haben kann. Sie spiegeln oft die sich wandelnden Trends
und Prioritäten in der Sportlandschaft wider.
Aber auch im Fußball gab es bereits einige Umzüge. Beispiel Wimbledon: Nach der
Umbenennung und dem Umzug der Mannschaft nach Milton Keynes entstand der Fanverein
AFC Wimbledon, der von den enttäuschten Fans gegründet wurde und sich erfolgreich in
den unteren Ligen etabliert hat. Diese Entwicklung zeigt den starken emotionalen
Zusammenhalt zwischen Fans und Verein und die Bedeutung der lokalen Verbundenheit im
Fußball.
Die entstandene Diskrepanz verdeutlichte die emotionalen und sportlichen Hürden, denen beide
Vereine nach dem Umzug gegenüberstanden und unterstreicht die Bedeutung von Tradition
und lokaler Identität im Fußball.

Da wäre aber noch ein weiterer Verein, einige kennen ihn vielleicht auch aus der FIFA-Reihe.
In FIFA ’06 feierten „The Bees“ ihr Debüt und weitere Spielzeiten in der League One (4. Liga)
ermöglichten es den Fans, den Barnet FC bis FIFA ’18 zu spielen. Seit der Saison 2018/2019
spielt der Verein jedoch in der National League.
Der Barnet FC hat eine lange und faszinierende Geschichte, die bis ins Jahr 1888
zurückreicht. Ursprünglich in High Barnet, einem Stadtteil im Norden Londons, beheimatet,
genoss der Verein eine enge Verbindung zu Arsenal, die das Underhill Stadium als
Reserve-Stadion nutzten. Diese enge Bindung endete jedoch abrupt mit dem Abriss des
Underhill Stadiums, einem Ort voller Erinnerungen und historischer Bedeutung für die lokale
Gemeinschaft. An dessen Stelle entstand ein modernes Schulzentrum.
Vor 10 Jahren begann das Exil des Barnet FC, als der Verein das altehrwürdige Underhill Stadium im
Stadtteil High Barnet verließ und, gut 10km entfernt, im The Hive im London Borough of Harrow eine neue Heimat fand. The Hive
Stadium, auch bekannt als The Hive London, ist ein moderner Sportkomplex in Edgware, ebenfalls in
Nord-London. Es wird zusätzlich von den London Bees, dem
Frauenfußballteam des Vereins, genutzt. Das Stadion bietet Platz für 6.500 Zuschauer und verfügt
über hochmoderne Einrichtungen, einschließlich Trainingsplätzen, Fitnessstudios und
Konferenzräumen. Zusätzlich nutzten die London Broncos, ein Rugby-Team, und die
Tottenham Women das Hive für ihre Spiele.
Die Entscheidung, aus Barnet wegzuziehen, wurde von einigen unserer bekannten und
befreundeten Fans als Verrat an der Fanbasis betrachtet. Einige haben seitdem nicht mehr
an den Heimspielen teilgenommen.
Für viele lokale Fans fungiert der Barnet FC als Zweitclub. Dieser Status wurde durch die
jahrzehntelange Präsenz des Vereins in der Community gefestigt. Zudem erlangte der
Barnet FC über die Jahre landesweite Aufmerksamkeit, nicht zuletzt dank der Erwähnung
durch John Motson von der BBC, der den Verein bei jeder sich bietenden Gelegenheit, egal
ob passend oder nicht, als einen der aufregendsten Non-League-Clubs des Landes
bezeichnete.


Nun treibt der Barnet FC aktiv die Pläne voran, in die heimische Umgebung zurückzukehren.
Aktuell befinden sich die Verantwortlichen des Vereins in Gesprächen mit dem London
Borough of Barnet und arrangieren derzeit ein Datum für ein Kick-off-Meeting mit Teams aus
Planung & Baukontrolle von Großprojekten.
Die aktuellen Platzierungen in der National League lassen viele Fans von einem möglichen
Aufstieg träumen, eine Entwicklung, an der auch die alte Base an Barnetfans an alter
Wirkungsstätte wieder teilnehmen könnte.
Und wer könnte den Charme des alten Underhill Stadiums vergessen? Gelegen am Fuße
des Hügels der Station High Barnet, konnte man das rustikale Schmuckstück bereits von der
Bahnstation aus mitten im Wohngebiet sehen. Ein wahrhaftiger Ort der Fußballromantik für
jeden Liebhaber des Sports. Ein Umzug muss also nicht für immer sein, manchmal tun sich
ungeahnte Möglichkeiten auf, in die Heimat zurückzukehren, sei es eine Neugründung oder ein Neubau auf bekannten Grund.
Wir freuen uns darauf, wenn der Club seine Heimat final zurückbekommt und hoffen, dass
das neue Stadion in Barnet etwas vom alten Charme wieder aufblitzen lassen kann.