Von roten Linien

Von roten Linien
Foto: photomafia

Der deutsche Profifußball kommt derzeit beim Thema Investoren nicht zur Ruhe.

Bereits kurze Zeit nach dem Platzen des DFL-Deals mit einer privaten Investorengruppe, maßgeblich forciert von massiven Fanprotesten, kommt es in der Bundesliga zu einer erneuten Diskussion um den Einfluss von Investoren.
So erfreut man sich beim VfB Stuttgart derzeit nicht nur über die starke Performance der A-Mannschaft in der Bundesliga, nachdem man vergangene Saison den Abstieg nur knapp durch das Sicherheitsnetz Relegation vermeiden konnte.
Auch die finanziell äußerst lukrative Beteiligung durch die örtlichen Autobauer lässt so manches Schwabenherz höher schlagen, ist man doch in der Lage, dank der Porsche Millionen gute Spieler nach Cannstatt zu locken und die Infrastruktur zu stärken.

2017 gliederte der Verein VfB Stuttgart dazu seine Profiabteilung in eine AG aus. Soweit nichts ungewöhnliches in der deutschen Bundesliga. Viele Vereine lagern ihre Profimannschaft in eine KG oder eine AG aus.
Die Ausgliederung wurde, Berichten zufolge, sehr engagiert von den Befürwortern vorangetrieben. Unter anderem sollen die Mitglieder mit Gratistrikots zu einer Abstimmung im Sinne der Ausgliederung gebracht worden sein.
Über 84% der stimmberechtigten Mitglieder stimmten danach für die Ausgliederung in eine AG und den anschließenden Verkauf von 24,9% der Anteile.
Bestandteil des Deals war das Versprechen der damaligen Stuttgarter Führung, dass der Präsident des Vereins auch gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der AG sein würde und so der Verein weiter entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der AG nehmen könne.
Auf dieses Wort könne man sich verlassen.
Wieviel diese Worte aus deutscher Politik und Wirtschaft wert sind, darf jeder gern für sich beurteilen.

Das Präsidentenamt hat inzwischen Claus Vogt beim VfB Stuttgart inne. Ein Präsident, welcher nicht ganz unumstritten zu sein scheint, aber tendenziell die Unterstützung aus der Kurve genießt.
Nachdem Porsche nun also groß beim VfB eingestiegen ist, wurde wenige Wochen später nun Claus Vogt als Aufsichtsratsvorsitzender der AG durch Tanja Gönner ersetzt.
Die Dame leitet als Hauptgeschäftsführerin den Bundesverband der deutschen Industrie.
Pikant dabei: der Führungswechsel wurde ohne Mitgliederbefragung durchgeführt. Und dass, obwohl der Hauptverein eigentlich weiter alle Zügel in der Hand halten sollte. Durch ihre hauptberufliche Tätigkeit liegen enge Kontakte zu Vertretern aus der Automobilindustrie nahe, so dass es scheint, dass Porsche hier versucht seinen Machtbereich zu verfestigen. Das damals gegebene Versprechen scheint unter den neuen Entscheidern hinfällig.
Denn schriftlich fixiert wurde dieses Versprechen in der Satzung seinerzeit nicht. Die formalen und juristischen Hürden seien bei einer AG wohl sehr hoch gewesen.
Laut Sportschau sollen Gönner und ein weitere AR Mitglied (ebenfalls beim Porsche Konzern tätig) im Vorfeld versucht haben, Vogt zum Rücktritt zu bewegen.

Hinzu kommt in diesem Beispiel ein weiteres, interessantes Detail: Die DFL sah ganz offenbar kein Problem darin, dass mit VW, Audi und Porsche gleich drei Firmen ein und des selben Konzerns sich massiv in der Bundesliga bei verschiedenen Clubs finanziell engagieren und Anteile halten.
Auf dem Papier mögen die einzelnen Rechtskonstrukte unabhängig sein. Aber dennoch sollte man hier sehr wachsam sein, wie die Vergangenheit und Beispiele aus anderen Ländern bereits gezeigt haben. Es geht gnadenlos ums Geld verdienen. Die Marke, der Verein, dass alles spielt für Investoren einen absolut untergeordneten Beitrag wenn es um harte Währung geht.
Man kann nur inständig hoffen, dass die Bundesliga von solchen Fällen verschont bleibt.
Die DFL scheint kein Interesse daran zu haben, hier wirklich rote Linien zu ziehen und diese auch einzuhalten. Aber auf europäischer Ebene sieht es ja eh schon lange nicht mehr anders aus. Gerade wenn man sich den Einfluss diverser Staaten auf europäische Topclubs ansieht.

Leider ein nur zu eindrückliches Beispiel welches verdeutlicht, wie weit es mit markigen Phrasen wie „roten Linien“ und „Werte des Clubs“ bestellt ist. Sobald sich die erstbeste Gelegenheit bietet werden Investoren versuchen ihren Einfluss auszubauen und die Mitglieder des Vereins nahezu belanglos zu machen.
Der VfL Bochum tut bei seiner Investorensuche gut daran nach Partnern zu suchen, die wirklich zu diesem Club passen. Und noch viel wichtiger: sich den Einfluss der Mitglieder rechtssicher in den Vertrag schreiben zu lassen um Zustände wie in Stuttgart zu verhindern.
Man darf gespannt sein, wie es nun in Stuttgart weitergeht. Ein offener Machtkampf scheint entbrannt zu sein, der einen Schatten auf eine eigentlich überaus erfolgreiche Bundesligasaison der Schwaben legt.